Indiogötter
Gertrud Kolmar
Aufnahme 2025
Aughöhlen, aufgerissen in granitener Leere:
Giganten heben ihren Blick vom Steppenrand.
Aus den entblößten Zähnen dringt die Schwere
erdalten Schweigens, bis zum Dach der Andenwand.
Der Tag der bittren wilden Nesseln legte seine
glutharten Lippen auf die Stirn, die Grauen sinnt.
Ein greiser Dorn, erhoben aus dem Urgesteine,
steht das Geschlecht dem Gotte zeugungslos im Wind.
Mondwolken streuen Asche auf den Mund der Steppen,
wenn Lava aus der offnen Kraterwunde fließt.
Licht, Stern und Donner brechen die Gewesenen nicht.
Mit toten Augen sehn sie, wenn die Nacht sich schließt,
durchs schwarze Gras die Indios ihre Armut schleppen,
voll Trauer und granitener Schwere das Gesicht.