Er gedänckt seiner Lieben

Arno Holz

 Aufnahme 2011

Er gedänckt seiner Lieben
und daß sie ihme alle
gestorben sind.

Ode Jambica.

Vergänglichkeit! In deinen irren Garten
verlihrt sich ümmer tieffer mir mein Fuhß /
lengst starb des lezzten Fehder-Singers Gruhß /
der Eppich traumt auß duncklen Mauer-Scharten.
            Das sonst so zahrte Graß
            hängkt schwehr und Tropffen-naß /
grün-fahle Creutze mohdern weit und breit –
                        Vergänglichkeit!

Vergänglichkeit! Wölbt sich im Lentz die Linde
noch ümmer über meines Vatters Tach?
Durch Schaum-Kraut klukkerte der kleine Bach /
ich schnizzte Schiffgens mir auß Knüppel-Rinde.
            Do schry mir rächt ins Hertz
            der Gukguk seine Tertz.
Ich horchte zu; das war die Göldne Zeit –
                        Vergänglichkeit!

Vergänglichkeit! Wo blieb die süsse Stunde /
do ich mit Fillis unter Bluhmen saß?
do ich zuerst der ersten Lust genaß?
Ich hingk verzukkt an ihrem rohten Munde!
            Ihr Hahr / gantz auff-gerollt /
            war wie auß Serafs-Gold /
weiß wie auß Lämmer-Wölckgen war ihr Kleid –
                        Vergänglichkeit!

Vergänglichkeit! Wie kreisste froh der Becher
in drauter Brüder Wein-ümblaubtem Rund?
Do schien das Leben mir noch Eins so bundt /
Printz Bachus hieß der ädle Sorgen-Brecher!
            Hier Schellendaus! Ma vie!
            Kriescht alle Gikkrikri!
Wer weiß / schon morgen ligen wir gemeyt –
                        Vergänglichkeit!

Vergänglichkeit! Ich sehe noch das Stübgen /
die Lampe brännt / ans Fenster stürmt der Nord /
du spihlst mir für auff unsrem Clavichord /
im Traum noch lallt und lächelt unser Bübgen.
            Itzt lehnstu dich zurükk /
            so sah mich an das Glükk!
Im Ofen knallte lustig Scheit ümb Scheit –
                        Vergänglichkeit!

Vergänglichkeit! Ein Grauen sonder Gleichen
durchgrieselt mich; so war ich nie allein.
Die Welt ist nichts alß Schatten-Werck und Schein /
der Grund / drauff däm ich dantzte / gährt von Leichen!
            Sie ligen hin-gesträkkt /
            kaum / daß der Sand sie däkkt /
ihr Abseyn sälber predigt stumm mein Leid –
                        Vergänglichkeit!

Vergänglichkeit! Du scheussliches Gerippe /
für dem noch jeder schaudrend sich entsezzt /
du hast mir alle Mitleids-lohß gemezzt /
von ihrem Mord-Bluht dräuffelt deine Hippe.
            Nun schafft mir nur noch Grauß /
            mein Leib / dihß Erden-Hauß.
Häu zu! Zermattsch auch mich / ich bün bereit –
                        Vergänglichkeit!

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Er gedänckt seiner Lieben [Holz-01]

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