Gicht

Hermann Hesse

Aufnahme 2019

An Tagen, wo ich meine Finger biegen kann,
Vergehn mit Verseschreiben mir die Stunden,
Und wenn ich einen guten Vers gefunden,
Geht mich die Welt, die Gicht, der Schmerz nichts an.

An andern Tagen geht das Schreiben nicht.
Dann lausch ich dem, der tief in meinen Knochen
Sich dehnt und immer weiter kommt gekrochen,
Es ist der Tod, doch nennen wir ihn Gicht.

Ich lieb ihn nicht, oft liegen wir im Streit.
Doch weiß ich manchmal, daß er nicht im Bösen
Sich um mich müht. Sein Amt ist das Erlösen,
Und willig folg ich eine Strecke weit.

Wenn wir einst ganz versöhnt und einig sind,
Dann werd ich ihn nicht Gicht, nicht Tod mehr nennen.
Als ewige Mutter werd ich ihn erkennen,
Als Liebe seinen Ruf, und mich als Kind.