Hände
Selma Meerbaum-Eisinger
Aufnahme 2014
Kraftvoll schön, gemeißelt wie aus weißem Stein,
dem ein Sonnenstrahl hat Leben eingehaucht
und der von den schönsten Rosen zarte Blätter hat geliehen,
sprechen sie im schlanken Spiel der Finger
mit den Händen, die sich ihnen anvertraut.
Sehnen spielen wie ganz ranke, nackte Ringer
und sind doch kosender Laut,
der betäubend süße Worte braut
für die Lippen, die verängstigt fliehen …
Und die Finger, die verhalten zärtlich ziehen
über seidenweiche warme Haut,
sind wie Menschen, die, als sie das Glück geschaut,
fast vergessen hätten, es zu fassen,
und es doch im letzten Augenblick gefaßt.
Ganz so ängstlich wollen sie die anderen nicht lassen
und sie flattern über sie in wilder Hast,
die bei der Berührung weich in Liebe sich verwandelt.
Plötzlich aber klammern sie sich an,
und sie zucken nur noch leise, dann und wann,
wie ein Kind nach langem Weinen
nur noch manchmal lautlos schluchzt.
Doch schon ist's, als würden Sonnen scheinen
– ganz von ferne noch und noch ganz zag –
doch schon kündend neuen hellen Tag.
14.10.1941