Mein Eigentum
Friedrich Hölderlin
Aufnahme 2022
In seiner Fülle ruhet der Herbsttag nun, 
   Geläutert ist die Traub und der Hain ist rot 
      Vom Obst, wenn schon der holden Blüten 
         Manche der Erde zum Danke fielen. 
 
Und rings im Felde, wo ich den Pfad hinaus, 
   Den stillen, wandle, ist den Zufriedenen 
      Ihr Gut gereift und viel der frohen 
         Mühe gewähret der Reichtum ihnen. 
 
Vom Himmel blicket zu den Geschäftigen 
   Durch ihre Bäume milde das Licht herab, 
      Die Freude teilend, denn es wuchs durch 
         Hände der Menschen allein die Frucht nicht. 
 
Und leuchtest du, o Goldnes, auch mir, und wehst 
   Auch du mir wieder, Lüftchen, als segnetest 
      Du eine Freude mir, wie einst, und 
         Irrst, wie um Glückliche, mir am Busen? 
 
Einst war ichs, doch wie Rosen, vergänglich war 
   Das fromme Leben, ach! und es mahnen noch, 
      Die blühend mir geblieben sind, die 
         Holden Gestirne zu oft mich dessen. 
 
Beglückt, wer, ruhig liebend ein frommes Weib, 
   Am eignen Herd in rühmlicher Heimat lebt, 
      Es leuchtet über festem Boden 
         Schöner dem sicheren Mann sein Himmel. 
 
Denn, wie die Pflanze, wurzelt auf eignem Grund 
   Sie nicht, verglüht die Seele des Sterblichen, 
      Der mit dem Tageslichte nur, ein 
         Armer, auf heiliger Erde wandelt. 
 
Zu mächtig, ach! ihr himmlischen Höhen, zieht 
   Ihr mich empor, bei Stürmen, am heitern Tag 
      Fühl ich verzehrend euch im Busen 
         Wechseln, ihr wandelnden Götterkräfte. 
 
Doch heute laß mich stille den trauten Pfad 
   Zum Haine gehn, dem golden die Wipfel schmückt 
      Sein sterbend Laub, und kränzt auch mir die 
         Stirne, ihr holden Erinnerungen! 
 
Und daß mir auch, zu retten mein sterblich Herz, 
   Wie andern eine bleibende Stätte sei, 
      Und heimatlos die Seele mir nicht 
         Über das Leben hinweg sich sehne, 
 
Sei du, Gesang, mein freundlich Asyl! sei du, 
   Beglückender! mit sorgender Liebe mir 
      Gepflegt, der Garten, wo ich, wandelnd 
         Unter den Blüten, den immerjungen, 
 
In sichrer Einfalt wohne, wenn draußen mir 
   Mit ihren Wellen allen die mächtge Zeit, 
      Die Wandelbare, fern rauscht und die 
         Stillere Sonne mein Wirken fördert. 
 
Ihr segnet gütig über den Sterblichen, 
   Ihr Himmelskräfte! jedem sein Eigentum, 
      O segnet meines auch, und daß zu 
         Frühe die Parze den Traum nicht ende. 
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Mein Eigentum [Hölderlin-18]

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