Geduld

Marie-Luise Kaschnitz

Aufnahme 2012

Geduld. Gelassenheit. O wem gelänge
Es still in sich in dieser Zeit zu ruhn,
Und wer vermöchte die Zusammenhänge
Mit allem Grauen von sich abzutun?

Zwar blüht das Land. Die reichen Zweige wehen,
Doch Blut und Tränen tränken rings die Erde
Und in der Tage stillem Kommen, Gehen
Verfällt das Herz der tiefsten Ungebärde.

Und ist des Leidens satt und will ein Ende
Und schreit für Tausende nach einer Frist,
Nach einem Zeichen, dass das Kreuz sich wende.

Und weiß doch nicht, mit welchem Maß der Bogen
Des Unheils über diese Welt gezogen
Und welches Schicksal ihm bereitet ist.