Monolog

Gottfried Benn

 Aufnahme 2017

Den Darm mit Rotz genährt, das Hirn mit Lügen -
erwählte Völker Narren eines Clowns,
in Späße, Sternelesen, Vogelzug
den eigenen Unrat deutend! Sklaven -
aus kalten Ländern und aus glühenden,
immer mehr Sklaven, ungezieferschwere,
hungernde, peitschenüberschwungene Haufen:
Dann schwillt das Eigene an, der eigene Flaum,
der grindige, zum Barte des Propheten.

Ach, Alexander und Olympias Sproß
das wenigste! Sie zwinkern Hellesponte
und schäumen Asien! Aufgetriebenes, Blasen
mit Vorhut, Günstlingen, verdeckten Staffeln,
daß keiner sticht! Günstlinge: - gute Plätze
für Ring- und Rechtsgeschehn. Wenn keiner sticht!
Günstlinge, Lustvolk, Binden, breite Bänder -
mit breiten Bändern flattern Traum und Welt:
Klumpfüße sehn die Stadien zerstört,
Stinktiere treten die Lupinenfelder,
weil sie der Duft am eigenen irre macht:
Nur Stoff vom After! - Fette
verfolgen die Gazelle,
die windeseilige, das schöne Tier!
Hier kehrt das Maß sich um:
Die Pfütze prüft den Quell, der Wurm die Elle.
die Kröte spritzt dem Veilchen in den Mund
- Hallelujah - und wetzt den Bauch im Kies:
die Paddentrift als Mahnmal der Geschichte!
Die Ptolemäerspur als Gaunerzinke,
die Ratte kommt als Labsal gegen Pest.
Meuchel besingt den Mord. Spitzel locken
aus Psalmen Unzucht.

Und diese Erde lispelt mit dem Mond,
dann schürzt sie sich ein Maifest um die Hüfte,
dann läßt sie Rosen durch, dann schmort sie Korn,
läßt den Vesuv nicht spein, läßt nicht die Wolke
zu Lauge werden, die der Tiere Abart,
die dies erlistet, sticht und niederbrennt -
ach, dieser Erde Frucht- und Rosenspiel
ist heimgestellt der Wucherung des Bösen,
der Hirne Schwamm, der Kehle Lügensprenkeln
der obgenannten Art - die maßverkehrte!

Sterben heißt, dies alles ungelöst verlassen,
die Bilder ungesichert, die Träume
im Riß der Welten stehn und hungern lassen -
doch Handeln heißt, die Niedrigkeit bedienen,
der Schande Hilfe leihn, die Einsamkeit,
die große Lösung der Gesichte,
das Traumverlangen hinterhältig fällen
für Vorteil, Schmuck, Beförderungen, Nachruf,
indes das Ende, taumelnd wie ein Falter,
gleichgültig wie ein Sprengstück nahe ist
und anderen Sinn verkündet -

- Ein Klang, ein Bogen, fast ein Sprung aus Bläue
stieß eines Abends durch den Park hervor,
darin ich stand -: ein Lied,
ein Abriß nur, drei hingeworfne Noten
und füllte so den Raum und lud so sehr
die Nacht, den Garten mit Erscheinungen voll
und schuf die Welt und bettete den Nacken
mir in das Strömende, die trauervolle
erhabene Schwäche der Geburt des Seins -:
ein Klang, ein Bogen nur -: Geburt des Seins -
ein Bogen nur und trug das Maß zurück,
und alles schloß es ein: die Tat, die Träume...

Aus einem Kranz scharlachener Gehirne,
des Blüten der verstreuten Fiebersaat
sich einzeln halten, nur einander:
„unbeugsam in der Farbe“ und „ausgezähnt
am Saum das letzte Haar“, „gefeilt in Kälte“
zurufen, gesalzene Laken des Urstoffs:
Hier geht Verwandlung aus: Der Tiere Abart
wird faulen, daß für sie das Wort Verwesung
zu sehr nach Himmeln riecht - schon streichen
die Geier an, die Falken hungern schon -!