Hans Sahl

Hans Sahl wurde am 20.5.1902 in Dresden geboren. Er entstammte einer großbürgerlichen jüdischen Kaufmannsfamilie. Sein Studium der Kunst- und Literaturgeschichte, Archäologie und Philosophie schloss er mit der Promotion über altdeutsche Malerei 1924 ab. Schon bald wurde er mit Beiträgen für das Feuilleton verschiedener Berliner Zeitungen bekannt, insbesondere seine Filmkritiken erregten Aufmerksamkeit. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 emigrierte Sahl über Prag und Zürich, wo er u. a. Texte für das Kabarett „Die Pfeffermühle“ schrieb, nach Paris. In Paris gründete er mit etwa zwanzig Autoren den antistalinistischen Schriftsteller-Verband Bund Freie Presse und Literatur. Damit begab er sich ins doppelte Exil – isoliert von seinen ehemaligen sozialistischen Gesinnungsfreunden. 1939 kam er als „étranger indésirable“ (unerwünschter Ausländer) wie viele andere deutsche Künstler und Intellektuelle in verschiedene französische Internierungslager. 1940 konnte er nach Marseille fliehen. Dort half er bis 1941 bei der Rettung politisch Verfolgter, bis ihm selbst über Portugal die Flucht in die USA gelang.
Im New Yorker Exil entstanden die meisten seiner schriftstellerischen Arbeiten; von Bedeutung waren aber auch seine Übersetzungen der Werke amerikanischer Autoren wie Maxwell Anderson, Arthur Miller, Thornton Wilder und Tennessee Williams. Einen wesentlichen Aspekt dieser Zeit bildet die kritische Auseinandersetzung mit dem Stalinismus. Exemplarisch hierfür ist Sahls langjährige Beziehung zu Bertolt Brecht. Schon frühzeitig zog Sahl Parallelen zwischen Nationalsozialismus und Kommunismus, zwischen Hitler und Stalin. Er warf Brecht vor, dass dieser die „Auskältung und Einfrostung der zwischenmenschlichen Beziehungen im Stalinismus und im Nationalsozialismus […] salonfähig“ gemacht habe. Seine Sicht des Kommunismus isolierte ihn von vielen seiner Leidensgenossen im Exil, die in jenen Jahren noch überzeugte Anhänger Stalins waren.
1953 kehrte er nach Deutschland zurück. Bereits im Exil und dann auch bis 1958 in der Bundesrepublik arbeitete er als Kulturkorrespondent u.a. für die „Neue Zürcher Zeitung“, „Die Welt“ und die „Süddeutsche Zeitung“. Danach lebte er erneut in den USA, bevor er 1989 mit seiner Frau endgültig nach Deutschland übersiedelte. Nach Neonazi-Anschlägen 1992 beteiligte er sch an „Dichterlesungen in Asylbewerberheimen“. Hans Sahl starb am 27.4.1993 in Tübingen.

„Am interessantesten sind in der Prosa Hans Sahls die Teile, die die Ereignisse des Jahres 1933 betreffen. Ausgeleuchtet wird nur der Raum des Privaten, doch gezeigt wird die Weltgeschichte. Die Darstellung ist ganz distanziert, ein wenig melancholisch, ohne eine Spur von Hass oder Zorn. Es dominieren Schmerz und Trauer und grenzenlose Verwunderung.“
Marcel Reich-Ranicki, 2007

Werke u.a.:

1938: Jemand. Ein Chorwerk. Ein Oratorium gegen den Hitlerfaschismus. Musik vom Tibor Kasics Uraufführung des         Zürcher Arbeitersängerkartells 1938
1942: Die hellen Nächte. Gedichte aus Frankreich.
1959: Die Wenigen und die Vielen. Roman einer Zeit.
1983: Memoiren eines Moralisten.
1991: Wir sind die Letzten. Der Maulwurf. Gedichte.
1992: Der Tod des Akrobaten. Erzählungen.
1993: Der Schrei und die Stille. 19 Gedichte mit Zeichnungen von Georg Sternbacher
2009: Die Gedichte.
2012: Der Mann, der sich selbst besuchte. Die Erzählungen und Glossen.