Wolfdietrich Schnurre

Wolfdietrich Schnurre wurde am 22. 8. 1920 in Frankfurt am Main geboren. 1928 zog er mit seinem Vater Otto Schnurre, einem Bibliothekar und bekannten Ornithologen nach Berlin, wo er eine sozialistische Volksschule und ab 1935 ein humanistisches Gymnasium besuchte. Von 1939 bis 1945 nahm er als Soldat am Zweiten Weltkrieg teil. Nach dem Krieg ging er nach Berlin zurück. Zunächst lebte er in Ost-Berlin und arbeitete als Redaktions-volontär beim Ullstein-Verlag. Nach dem Verbot des sowjetischen Kulturoffiziers, in westlichen Zeitschriften zu publizieren, wechselte er jedoch 1946 nach West-Berlin. In den folgenden Jahren arbeitete er als Theater- und Filmkritiker für die „Deutsche Rundschau“ und andere Berliner Zeitungen. Seit 1950 war er freier Schriftsteller. Schnurre war 1947 Mitbegründer der Gruppe 47 und Mitglied des P.E.N.-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland, aus dem er 1962 aus Protest gegen dessen Schweigen zum Bau der Berliner Mauer austrat. In den letzten Jahren seines Lebens lebte er in Felde in der Nähe von Kiel. Schnurre starb am 9.6.1989 in Kiel. Sein Grab auf dem Waldfriedhof Zehlendorf ist seit November 2010 ein Ehrengrab des Landes Berlin.

Wolfdietrich Schnurre war ein bedeutender Erzähler und Lyriker der westdeutschen Nachkriegsliteratur. Neben zahlreichen Kurzgeschichten verfasste er auch Romane, Fabeln, Tagebücher, Gedichte, Hörspiele und seit Mitte der 1960er Jahre Kinderbücher, die er teilweise selbst illustrierte. Sehr bekannt wurde seine Zigeunergeschichte „Jenö war mein Freund“ von 1958, die das öffentliche Tabu brach, das bis weit in die 1960er in Westdeutschland in Bezug auf den Porajmos herrschte, den Genozid der Nationalsozialisten an Roma und Sinti; auch sie hat er selbst illustriert.
Schnurre, der seit 1959 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt war, erhielt 1958 den Preis Junge Generation zum Fontane-Preis der Stadt Berlin, 1959 den Immermann-Preis, 1962 den Georg-Mackensen-Literaturpreis, 1981 das Bundesverdienstkreuz, 1982 den Literaturpreis der Stadt Köln, 1983 den Georg-Büchner-Preis und 1989 den Kulturpreis der Stadt Kiel. Seine Kurzgeschichte „Das Begräbnis“ war der erste Text, der beim Gründungs-treffen der Gruppe 47 im September 1947 am Bannwaldsee gelesen wurde.

Werke u.a.:

1946: Das Begräbnis
1948: An die Harfner
1949: Reusenheben
1950: Rettung des deutschen Films
1950: Die Rohrdommel ruft jeden Tag
1952: Das Manöver
1953: Sternstaub und Sänfte
1955: Die Blumen des Herrn Albin
1956: Kassiber
1957: Abendländler
1957: Ein folgenschwerer Unglücksfall
1957: Protest im Parterre
1958: Als Vaters Bart noch rot war
1958: Barfussgeschöpfe.
1958: Eine Rechnung, die nicht aufgeht
1958: Anaximanders Ende
1958: Der Verrat
1958: Steppenkopp
1958: Die Zwerge
1958: Die Flucht nach Ägypten
1959. Das Los unserer Stadt
1960: Man sollte dagegen sein
1962: Die Aufzeichnungen des Pudels
1962: Berlin - eine Stadt wird geteilt
1962: Die Mauer des 13. August
1963: Funke im Reisig
1963: Die Gläsernen
1964: Ohne Einsatz kein Spiel
1964: Schreibtisch unter freiem Himmel
1964: Die Tat
1965: Kalünz ist keine Insel
1966: Die Erzählungen
1967: Das Schwein, das zurückkam
1967: Spreezimmer möbliert
1967: Was ich für mein Leben gern tue, Neuwied
1967: Die Zwengel
1968: Rapport des Verschonten
1969: Ein Schneemann für den großen Bruder
1970: Gocko
1970: Richard kehrt zurück
1970: Die Sache mit den Meerschweinche
1970: Schnurre heiter
1970: Die Wandlung des Hippipotamos
1971: Immer mehr Meerschweinchen
1971: Der Spatz in der Hand
1971: Wie der Koala-Bär wieder lachen lernte
1972: Der Meerschweinchendieb
1973: Ich frag ja bloß
1974: Schnurren und
1974: Der wahre Noah
1976: Eine schwierige Reparatur
1976: Ich brauch dich, München
1978: Klopfzeichen
1978: Der Schattenfotograf
1979: Erfülltes Dasein
1979: Kassiber und neue Gedichte
1981: Ein Unglücksfall
1984: Gelernt ist gelernt
1985: Emil und die Direktiven
1987: Mein Leben als Zeitgenosse
1988: Zigeunerballade
1988: Weihnachts-Schnurren
1991: Verkehrszeichen
1995: Als Vater sich den Bart abnahm
2000: Die Prinzessin kommt um vier
2000: Kasimir hat einen Vogel
2003: Doddlmoddl
2003: Die Maus im Porzellanladen
2008: Dreimal zur Welt gekommen. Ausgewählte Erzählungen
2010: Die besten Geschenke der Welt. Eine Weihnachtsgeschichte